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Kurzbeitrag - Die Gründung einer Einkaufskooperation aus In-House-Sicht - Die Umsetzungsphase

Einkaufspreise senken und die Profitabilität steigern – das sind oftmals die wichtigsten Triebfedern für die Gründung einer Einkaufskooperation. Nicht ohne Grund ist daher – gerade auch in Krisenzeiten – die Gründung einer Einkaufskooperation eine sinnvolle strategische Option für den Einkauf. In einer vierteiligen Serie stellt Dr. Reto Batzel die Aufgaben vor, die bei der Gründung einer Einkaufskooperation typischerweise von den Unternehmensfunktio- nen Recht und Compliance übernommen werden. Dieser 3. Teil der Serie beschäftigt sich mit der Umsetzungsphase.

In den Beiträgen von März und April wurde die Suche nach potenziellen Kooperationspartnern und die Verhandlung über Inhalt und Umfang einer Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Beschaffung beschrieben. Wenn Sondierung und Verhandlung erfolgreich abgeschlossen sind, wird die Kooperation umgesetzt. Hierbei steht die Unterzeichnung des ausgehandelten Kooperationsvertrags und der tatsächliche Beginn der gemeinsamen Beschaffung im Zentrum. Diesem Schritt gehen verschiedene praktisch-kommerzielle Vorbereitungsmaßnahmen voraus, wie etwa der Aufbau der notwendigen Verhandlungsstrukturen, die Zusammenstellung des zuständigen Verhandlungsteams, der Austausch relevanter Artikel- und Lieferantendaten und die Abstimmung einer gemeinsamen Verhandlungsstrategie.

Die Unternehmensfunktionen Recht und Compliance müssen hierbei sicherstellen, dass es zu einer Vertragsunterschrift überhaupt erst kommen kann und die Kooperationspartner nicht schon gleich zu Beginn ihrer Zusammenarbeit gegen das Kartellrecht verstoßen.

An erster Stelle gilt es, den finalisierten Kooperationsvertrag sowohl inhaltlich, vom Umfang her sowie hinsichtlich der Art und Weise der geplanten Zusammenarbeit kartellrechtlich zu prüfen (bzw. von externen Kartellrechtsexperten prüfen zu lassen). Diese Aufgabe beginnt bereits in der Verhandlungsphase, sollte aber natürlich spätestens unmittelbar vor der Vertragsunterschrift abgeschlossen sein.

In manchen Fällen kann es trotz einer gründlichen und überzeugenden rechtlichen Machbarkeitsprüfung empfehlenswert sein, die geplante Zusammenarbeit vor Vertragsunterschrift mit den zuständigen Kartellbehörden abzustimmen. Dafür steht unter Umständen ein formales Verfahren zur Verfügung, mit dessen Abschluss eine Kartellbehörde abschließend feststellt, ob die geplante Zusammenarbeit in der präsentierten Form gegen geltendes Kartellrecht verstößt. Meist reicht aber schon eine informelle Abstimmung mit der Kartellbehörde. Die Abstimmung endet zwar nicht mit einer (rechtskräftigen) Entscheidung. Die Kooperationspartner erhalten aber die Gelegenheit, die Kooperation umfassend darzustellen und etwaige Bedenken der Behörde durch Informationen oder gegebenenfalls Anpassungen am Kooperationsmodell auszuräumen. Kartellbehörden stehen einem solchen informellen Austausch meist offen gegenüber.

Bei der Abwägung des Für und Wider einer informellen Abstimmung ist weiterhin zu beachten, dass Lieferanten in der Regel einer Zusammenarbeit ihrer Abnehmer kritisch gegenüberstehen und kartellrechtliche Bedenken gegen die Zusammenarbeit bei der zuständigen Kartellbehörde vortragen könnten. Eine transparente und offene Abstimmung der Kooperationspartner mit der zuständigen Kartellbehörde im Vorfeld kann daher sinnvoll sein.

Unter Umständen kann ein formelles Verfahren vor der Kartellbehörde jedoch rechtlich zwingend sein. Wie im zweiten Teil dieser Serie zur Verhandlungsphase dargelegt, kann die Zusammenarbeit der Kooperationspartner zu einem sogenannten „Zusammenschluss“ führen, der bei Überschreitung der relevanten Umsatzschwellen der beteiligten Unternehmen von der Kartellbehörde im Rahmen eines fusionskontrollrechtlichen Verfahrens freigegeben werden muss. Für die im Vorfeld notwendige Analyse der wettbewerblichen Effekte des Zusammenschlusses werden regelmäßig externe Kartellrechtsspezialisten hinzugezogen. Die Anmeldung und Freigabe des Zusammenschlusses müssen erfolgen, ehe es zur Umsetzung des Zusammenschlusses kommt. Wer dies nicht tut, handelt fusionskontrollrechtswidrig und riskiert hohe Bußgelder. Der Zusammenschluss könnte anschließend entflochten werden.

Eine weitere wichtige Aufgabe von Rechts- und Compliance-Abteilungen bei der Umsetzung der Kooperation ist die kartellrechtliche Schulung der Mitarbeiter, die an der Kooperation beteiligt sind. Dabei geht es in aller Regel nicht nur um Mitarbeiter aus dem Einkauf, sondern im Zweifel alle Mitarbeiter, die Kontakt zum Kooperationspartner haben und an der gemeinsamen Beschaffung mitwirken. Alle beteiligten Mitarbeiter sollten stets die Grenzen der Zusammenarbeit mit dem Kooperationspartner erkennen können, wissen, welche Informationen nicht mit dem Partner ausgetauscht werden dürfen und wie im Falle von Unsicherheiten im Hinblick auf ein rechtmäßiges Handeln vorgegangen werden soll. Neben einer Schulung kann eine Handreichung sinnvoll sein, die an Mitarbeiter ausgehändigt wird. Auf diesem Wege lassen sich leicht verständliche und praxisnahe Antworten auf regelmäßig auftretende kartellrechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Kooperation dauerhaft bei den relevanten Mitarbeitern hinterlegen.

Link zum PDF: 230508 Einkaufskooperationen - Die Umsetzungsphase

Checkliste „Umsetzungsphase“

  • Abschließende Prüfung der Kartellrechtskonformität des Kooperationsvertrags sowie der Zusammenarbeit im Allgemeinen
  • Gegebenenfalls informelle Abstimmung der Kooperation mit den zuständigen Kartellbehörden
  • Gegebenenfalls die fusionskontrollrechtliche Anmeldung der Zusammenarbeit als Zusammenschluss
  • Schulung der Mitarbeiter und Aushändigung einer Handlungsanweisung

Das Thema des letzten Beitrags (Teil 4) dieser Serie zum Thema Einkaufskooperationen aus der Inhouse-Sicht ist die „Nachsorge“ und erscheint in der Juni-Ausgabe von Compliance.