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Neue Bußgeldleitlinien des Bundeskartellamts

Am 11. Oktober 2021 hat das Bundeskartellamt neue Leitlinien zur Bemessung von Bußgeldern veröffentlicht. Die alten Leitlinien werden hierdurch ersetzt. In den Leitlinien stellt das Bundeskartellamt dar, wie im Falle von Zuwiderhandlungen die Bußgelder im Verfahren berechnet werden. Eine Neufassung der Leitlinien wurde erforderlich, da mit der im Januar 2021 in Kraft getretenen 10. GWB-Novelle erstmals konkrete Maßgaben zur Bemessung von Bußgeldern in das Gesetz übertragen wurden. Dieser Änderung trägt das Bundeskartellamt daher mit den neuen Leitlinien Rechnung.

Positiv ist bewerten, dass das wesentliche Konstrukt der Bußgeldbemessung gleich geblieben ist. Wesentlicher Faktor ist dabei im deutschen wie auch im europäischen Recht der sogenannte tatbezogene Umsatz. Dies ist der Umsatz des Unternehmens, der mit den Produkten oder Dienstleistungen, die mit dem Kartellverstoß in Zusammenhang steht. Weitere wesentliche Faktor sind der Gesamtumsatz des Unternehmens wie auch die Dauer des Kartellverstoßes.

Kritisch lassen sich in den neuen Leitlinien jedoch die Ausführungen des Bundeskartellamts zur Berücksichtigung von Compliance-Maßnahmen bewerten. Dass Compliance-Bemühungen von Unternehmen berücksichtigt werden müssen, die bereits vor der Tat implementiert wurden, wurde erstmals im Januar in das Gesetz übernommen. Das Bundeskartellamt hatte sich hierzu in der Vergangenheit bereits kritisch geäußert. Den Leitlinien lässt sich nun entnehmen, dass das Amt diese neuen Vorgaben offenbar möglichst eng auslegen möchte. Eine positive Berücksichtigung von Vortat-Compliance will das Bundeskartellamt danach offenbar insbesondere dann in Betracht ziehen, wenn die Compliance-Maßnahmen zur Aufdeckung und umgehenden Anzeige von Zuwiderhandlungen führen. Auch möglich scheint eine Berücksichtigung, wenn die handelnde Person sich zwecks Erzielung persönlicher Vorteile über den Compliance-Kodex des Unternehmens in außergewöhnlichem Maße und unter gezielter Täuschung seiner Vorgesetzten hinweggesetzt hat. Dieser Bewertungsmaßstab mit den Begriffen „in außergewöhnlichem Maße“ und einer „gezielten Täuschung“ ist aus unserer Sicht zu eng und geht an der Realität gerade in großen Konzernen vorbei. Ausgeschlossen soll eine positive Berücksichtung von Vortat-Compliance zuletzt insbesondere dann sein, wenn Leitungspersonen (insb. Geschäftsführer oder Vorstände) an der Zuwiderhandlung beteiligt waren.

Im Ergebnis lassen die neuen Leitlinien daher insgesamt keine Überraschungen bei zukünftigen Bußgeldern erwarten. Spannend wird jedoch sein, wie in Zukunft die richterliche Prüfung der Bußgeldzumessung insbesondere im Hinblick auf Vortat- und Nachtat-Compliance der Unternehmen ausfallen wird. Es bleibt zu hoffen, dass die Gerichte den sehr engen Maßstab der neuen Leitlinien des Bundeskartellamts neu ausrichten und damit bessere Anreize für Unternehmen zur Investition in eine gute Compliance geben.

Die neuen Bußgeldleitlinien lassen sich auf der Seite des Bundeskartellamts oder hier (Leitlinien Bußgeldzumessung) abrufen.

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